Stefan Zweifel lüftet in seiner Einführung erotische Geheimnisse: Von der schönen Kunst der Romane verführt, träumt Emma Bovary in ihrem Provinznest von romantischen Liebhabern. Unter dem Vorwand, Klavierstunden zu nehmen, schleicht sie sich in die nächste Stadt zu ihrem feurigen Liebhaber und belügt ihren Gatten. Es kommt zu einer der berühmtesten «Sexszenen» der Weltliteratur: In Rouen rattert eine Kutsche mit Madame Bovary und ihrem Geliebten durch die Gassen der Stadt und erreicht hinter «Inseln», die sich im Kopf der Leser wie Brüste erheben, einen Pflanzengarten, der die Schamhaare symbolisiert; vor der Kutsche «baumeln» zwei Pferde, schweissnass; zuletzt wirft eine nackte Hand die zerrissenen weissen Fetzen eines Briefes aus dem Fenster der Kutsche, Schrift gewordene Zeichen der männlichen Lust… Diese Szene war so anrüchig, dass das Buch vor Gericht kam. Die Verherrlichung von Emmas Lügen und Lust sollte keine Schule machen. Das Buch und Flaubert wurden aber freigesprochen, und bald nannte man selbst in Berlin die Kutschen für heimliche Geliebte: Bovarys. So wurde die Lüge der Literatur lustvolle Realität. Dank der Übersetzung von Elisabeth Edl kann man heute auch auf Deutsch den berühmten dreitaktigen Satzrhythmus von Flaubert hören. Thomas Sarbacher liest zwischen den Musikstücken Ausschnitte aus dem Roman.
Einführung: Stefan Zweifel
Lesung: Thomas Sarbacher
Die Musiker*innen des Tonhalle-Orchesters Zürich Philipp Wollheim (Violine), Amelia Maszonska-Escobar (Violine), Sarina Zickgraf (Viola), Sandro Meszaros (Violoncello), Alexander Boeschoten (Klavier) spielen das Klavierquintett a-Moll op. 14 von Camille Saint-Saëns
In Kooperation mit dem Tonhalle-Orchester Zürich